Ende Mai erhielt ich einen Anruf eines Freundes und Missionars, der auf den Azoren tätig ist. Sein Name ist Luis, und er war ganz betroffen, da eine Frau aus seiner Gemeinde gestorben war. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches für einen Pastor, da er und seine Familie aber am selben Tag eine Reise aufs Festland nach Portugal geplant hatte, wurden alle Pläne über den Haufen geworfen. Man muss dazu sagen, dass die Verstorbenen in Portugal für gewöhnlich innerhalb von 24 bis 48 Stunden beerdigt werden. Da sich niemand fand, der die Familie in ihrer Trauer begleiten und die Beerdigung durchführen konnte, blieb ihm nichts Anderes übrig, als seine Familie vorzuschicken und seinen Flug zu verschieben.
Gott sei Dank, ging alles gut.
Unter den Anwesenden war auch die Leiterin des Pflegeheims, in dem die Verstorbene bis zu ihrem Tod gelebt hatte. Als Luis einen Tag später in Portugal ankam, erreichte ihn ein Anruf, der ihn sehr nachdenklich aber froh machte. Die besagte Heimleiterin rief ihn an, um sich für die Mühe und die Worte auf der Beerdigung zu bedanken, und sagte am Ende: sie spüre, dass sie ihr Leben Jesus übergeben soll. Nachdem Luis und seine Familie wieder zurück auf den Azoren waren, trafen sie sich, und nach einem Gespräch übergab diese Frau ihr Leben Jesus. Auch wenn wir oft nicht verstehen, warum alles so kompliziert ist und unsere Pläne über den Haufen geworfen werden, schreibt Gott auf krummen Linien gerade.[1]
Pastorin Nora Steen hat es so ausgedrückt: „Es heißt ja nicht – Gott biegt alles gerade, sei es noch so krumm. Im Gegenteil: Gott kümmert es nicht, welchen Verlauf eine Lebenslinie nimmt – ob sie geradewegs auf ein bestimmtes Ziel zuläuft oder aber geschlängelt ist, Umwege und gar Sackgassen hat. Wichtig ist nur eins: Er trägt seine eigene Spur in unsere Wege ein, er geht sie mit – auch die [Krummen] Ehrenrunden.“ (Pastorin Nora Steen)[2]
Dabei fällt mir die Geschichte Noomis im Buch Ruth ein, die nach vielen Jahren in der Fremde in Moab als arme Witwe in ihre Heimatstadt Betlehem in Juda zurückkehrte. Ihr wurde nicht nur ihr Mann, sondern auch ihre beiden Söhne genommen, so dass sie niemandem zumuten wollte ihr bitteres Schicksal mit ihr zu teilen.[3] All ihre Träume wurden zunichte gemacht. Trotz der Ungewissheit hielt eine der Schwiegertöchter zu ihr, obwohl sie nicht wusste, was sie erwartet. Noomi änderte sogar ihren Namen und wollte nicht mehr die „Liebliche“ genannt werden. Stattdessen sollten die Leute sie Mara nennen, was so viel wie „bitter“ bedeutet und ihre Trostlosigkeit und Niedergeschlagenheit widerspiegelte.
Aber die Geschichte ist hier noch nicht zu Ende und bekommt wiederum eine eindrucksvolle Wendung. Nach ihrer Ankunft in Betlehem macht sich ihre Schwiegertochter Ruth auf, um in der Erntezeit Ähren zu lesen. Dabei wird Boas, ein Großgrundbesitzer, auf sie aufmerksam, der sie freundlich behandelt und ihr erlaubt, hinter seinen Schnittern zu sammeln. Nachdem Ruth Noomi berichtet, wie gut es Boas mit ihr meint, erkennt sie, dass darin Gottes Fügung liegt. So fasst sie wieder neuen Mut und bittet Boas, als nahestehender Verwandter, sich ihrer Sache anzunehmen und ihren Besitz auszulösen. Schließlich bekommt sie nicht nur ihr Eigentum zurück, sondern erlebt auch wie durch die Heirat von Boas und Ruth die Erbfolge gesichert ist und im Alter jemand für sie sorgt. [4]
Beide Geschichten, das Erlebnis des Missionars und die Erfahrungen Noomis, wiederholen sich in unterschiedlicher Weise in unser aller Leben. Wie ein Schulheft, in dem lauter krumme Linien gemalt sind, ist dein und mein Leben. Vieles läuft schief, und wir fragen uns, wie wir auf diesen Strichen schreiben sollen, was aus all dem Verkorksten Gutes werden kann. Aber wenn wir „das Heft aus der Hand geben“ und Gott unser Leben überlassen, dürfen wir staunend erfahren, dass Er „auf krummen Linien gerade schreiben kann“. So wie David im 23 Psalm aufgeschrieben hat: „Und muss ich auch durchs finstere Tal – ich fürchte kein Unheil! Du, Herr, bist bei mir; du schützt mich und führst mich, du machst mir Mut.“ (Ps 23.4 GNB) Lass Gott deine Lebensgeschichte schreiben! Er macht das Beste daraus!
[1] Paul Claudel („Der seidene Schuh“)
[2] Das Wort zum Sonntag: „… auf krummen Linien gerade“ | rundfunk.evangelisch.de
[3] Ruth 1.13
[4] Jesaja 29-11-14
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