Als unsere Enkeltochter etwa dreieinhalb Jahre alt war, hatte sie schon viel gelernt und eigentlich alles Babyhafte abgelegt. Das einzige, was ihr immer noch lieb war, war ihr Schnuller. Obwohl sie schon von Anfang an in ihrem eigenen Zimmer schlief, war der „Nulli“ immer noch ein Trostspender, wenn sie am Einschlafen war oder besonders müde und quengelig daherkam. Da halfen auch keine Versprechungen, ihr einen Tretroller, den sie sich wünschte, zu kaufen, wenn sie uns den Schnuller abgeben würde. Wenn sie müde und erschöpft war, gab es bis dahin keinen Ersatz, dann musste er, wenn sie auf unserem Arm, auf dem Schoß oder im Bett war, her. Natürlich wussten wir, dass alles seine Zeit braucht und haben ihr den Entschluss überlassen.
An einen Nachmittag entdeckte die Oma, zusammen mit der Mama und der Enkeltochter beim Einkaufen, einen wunderschönen rosaroten Tretroller. Alle fanden ihn total schön, und die Kleine entschied sich nach einigem Hin und Her, den Schnuller gegen den Roller einzutauschen. Prompt wurde der Opa angerufen und ihm mitgeteilt, was seine Enkelin tun will. Nach Opas Nachfragen bekräftigte sie ihre Entscheidung noch einmal. So wurde der Tretroller gekauft und in einer Tauschzeremonie für den Schnuller an sie übergeben und alles auf Video festgehalten.
Seitdem sind etliche Monate vergangen und unsere Enkelin ist konsequent geblieben. Obwohl die Erinnerung immer mal wieder aufkommt, hat sie die Entscheidung mit festen Willen getroffen, und es gibt kein Zurück mehr. Was uns am meisten fasziniert hat, ist nicht die Tatsache, dass unser Enkelkind nicht mehr am Schnuller nuckelt, sondern, dass sie eine Entscheidung getroffen hat und sich der Konsequenzen bewusst war. Natürlich schmerzt es uns, sie ein wenig wehmütig zu sehen, wenn sie sich an den Schnuller erinnerte. Aber es hat sie in ihrer Persönlichkeit einen Schritt weitergebracht und ihren Charakter nachhaltig geformt. Im Hebräerbrief lesen wir, dass es uns im Glaubensleben ähnlich geht. Da heißt es:
„Jede Erziehung tut weh. Sie ist zunächst alles andere als eine Freude. Später jedoch trägt eine solche Erziehung reiche Frucht: Menschen, die durch diese Schule gegangen sind, führen ein friedfertiges und gerechtes Leben“. (Hebräer 12.11)
Lassen wir es zu, Entscheidungen zu treffen, die uns helfen, zu wachsen und reif zu werden? Auch wenn es schwerfällt und wehtut liebgewonnenes loszulassen, sind es wichtige Entwicklungsschritte in unserem Leben als Christ. Gott, unser Vater, freut sich darüber und gibt uns viel mehr zurück als das, was wir freigegeben haben. Diese Erfahrung wünsche ich uns allen!